«Es geht um Emotionen, es gibt Gewinner und Verlierer.»
Sportmoderatoren stehen häufig in der Kritik. Wie geht
SRF-Aushängeschild Sascha Ruefer, 47, damit um? Im Interview erklärt er auch,
warum er unsere Botschafterin Simone Niggli-Luder bewundert.
Sascha Ruefer erzählt im Neutrass-Blog
Haben Sie sich mit dem Beruf als Sportkommentator einen Bubentraum erfüllt?
Auf eine gewisse Weise schon. Tierarzt stand eigentlich ganz oben auf der Liste, aber mit Tieren zu kommunizieren hat sich für mich als zu schwierig erwiesen. Meine grosse Leidenschaft galt ohnehin dem Sport. Es faszinierte mich, wie es Jasper Stupan bei den Spielen des EHC Arosa mit seinen Worten schaffte, mir das komplette Spiel detailliert wie ein Film vor mein inneres Auge zu zaubern. Das wollte ich auch können. Nun, heute sind der WM-Final und die Olympischen Spiele mein Arbeitsort. Ich würde sagen: Ja, ich lebe meinen Bubentraum.
Bestimmt hatten Ihre Eltern nicht von Anfang an Gefallen an dieser Berufswahl?
Ja, anfangs hatten sie Mühe damit. Aber sie hatten bald verstanden, dass ich mich in kein Schema pressen lasse. Schleichend hat sich bei ihnen Beruhigung eingestellt und die Gewissheit, dass es schon gut kommen wird. Sie haben eingesehen, dass ich dafür lebte.
Was fasziniert Sie denn an Ihrem Job?
Es geht um Emotionen, es gibt Gewinner und Verlierer. Und das Schöne ist, dass jeder Tag anders aussieht. Ich stehe am Morgen auf und weiss, irgendetwas wird heute passieren, irgendeine Frage werde ich beantworten und darüber berichten können.
Um sich dann auch der Kritik des anspruchsvollen Schweizer Sportpublikums auszusetzen?
Die Schweiz ist sehr sportinteressiert. Nur hat Sport bei uns nicht den Stellenwert, den er in anderen Ländern hat. Sport als Sprungbrett innerhalb der Gesellschaftsstruktur, das braucht es hier nicht. Professionell Sport treiben ist ein Privileg: Und was das Publikum betrifft, ja, das ist sicher kritisch. Aber der Kopf wird dir auch hier nicht abgerissen.
Musiker bekommen fast ausschliesslich die positiven Rückmeldungen zu hören, wobei die Kritik auf der Strecke bleibt. Wer nicht applaudiert bleibt für den Künstler einfach unbemerkt.
Spannend. Das ist für mich das komplette Gegenteil. Ich glaube der Unterschied liegt darin, dass Musik aus freien Stücken konsumiert wird. Bei einem Fussballspiel hingegen wird der Zuschauer gezwungen, dem Kommentator zuzuhören, weil er Teil des Ereignisses ist. Bei einem frustrierenden Ende des Spiels sieht es dann folgendermassen aus: Der Schiedsrichter war schlecht, die Mannschaft war auch schlecht, aber der schlechteste von allen, das war der Kommentator. Die Mühe, konstruktive Kritik abzuliefern, die nimmt sich kaum einer.
Beeinflusst Sie diese Kritik auch irgendwie?
Das ist eine Frage der Qualität. Mir ist es heute wichtig, wer diese Kritik äussert und auf welche Art und Weise. In meinem Job kann man sich von Pauschalkritik nicht schützen, aber man lernt Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Eine Weisheit, welche Sie auch Ihrem Sohn Matti mit auf den Weg geben?
Bestimmt. Und nicht nur das. Auch, dass man zuerst denkt und dann redet. Wenn man aber wirklich etwas zu sagen hat, dann soll man dies auch tun, zu seiner Meinung stehen und auch mit den Konsequenzen leben. Zivilcourage ist etwas, das heute oft verloren geht.
Da ist unsere Botschafterin Simone Niggli-Luder ein gutes Vorbild. Würden Sie diese Sportart auch kommentieren?
Meine Leidenschaft gilt dem Fussball als Sportart, aber nicht dem ganzen Drumherum, welches teilweise sehr ermüdend ist. Da wäre eine bescheiden gebliebene Sportart wie der Orientierungslauf eine ganz spannende Sache. Sowieso hat Simone meinen allergrössten Respekt. Wer Militär gemacht hat, weiss wie schwierig es ist, sich im Gelände zu orientieren. Simone rennt noch dazu. Ist das nicht faszinierend? Sie hat für den Sport gelebt, ohne das Nebenbei zu vernachlässigen. Sie hat einen Weg gefunden, Familie und Sportkarriere unter einen Hut zu bringen. Und was ihre Karriere noch bemerkenswerter macht: es ging ihr nicht ums Geld, denn das funktioniert im OL-Sport nicht.
Um Preisgeld geht es auch beim Super10Kampf nicht?
Korrekt. Ein Highlight, worauf ich mich auch im 2020 besonders freue. Nebst einem Olympiajahr, finden die Fussball-EM und andere Events statt, bei denen Stars "geboren" werden - und die wir hoffentlich am Super10Kampf begrüssen und ehren können. Auch Simone Niggli-Luder war schon einige Male mit dabei: Tolle Sportler, lustige Spiele und eine Stimmung, die ihresgleichen sucht. Der S10K war die letzten Jahre stets ausverkauft, über 10'000 Zuschauer machen das Stadion zum Hexenkessel. Natürlich geht es auch da um höher, schneller, weiter. Trotzdem nehmen sich die Protagonisten nicht allzu ernst und lassen viel Spass zu. Ich freue mich sehr darauf - und hoffe fest, dass keiner Versicherungsleistungen beanspruchen muss.
Ich bedanke mich für das spannende Gespräch und wünschen Ihnen, Sascha Ruefer alles Gute für einen gelungenen Start ins Jahr 2020.
Im Gespräch mit Eliane Müller, Verantwortliche Kommunikation, Neutrass