Wie Unternehmer ihre Nachfolge regeln können
Ein langfristiges Überleben von Unternehmen hängt in vielen Fällen von einer guten und erfolgreichen Planung der Nachfolge ab. Rechtsanwältin Salome Krummenacher* erläutert im Blog worauf Sie als Unternehmer achten sollten.
99 % der Unternehmen in der Schweiz sind KMU, die Mehrheit davon Familienunternehmen oder Inhaber geführte Unternehmen. Diese werden teilweise liquidiert, weil keine geeignete Nachfolge gefunden wird oder eine familieninterne Nachfolge scheitert. Eine frühzeitige Planung der Nachfolge ist daher generell, aber insbesondere, wenn eine familieninterne Nachfolge angestrebt wird, sehr zu empfehlen. Erbrechtliche und eherechtliche „Stolpersteine“ können nämlich eine erfolgreiche Weiterführung des Unternehmens verhindern.
Unternehmen im Nachlass
Wird ein Unternehmen nicht zu Lebzeiten an einen Nachkommen übertragen, fällt es in den Nachlass. Die Erben werden Gesamteigentümer des Nachlasses und können bis zu einer Teilung der Erbschaft nur gemeinsam handeln. Handelt es sich beim Unternehmen um eine Aktiengesellschaft, üben sie die Aktionärsrechte gemeinsam aus. Besteht unter den Erben Streit und ist eine gemeinsame Entscheidung z.B. hinsichtlich der Zusammensetzung des Verwaltungsrates nicht möglich, kann ein Unternehmen im schlimmsten Fall handlungsunfähig sein. Das lässt sich durch ein Testament und die Einsetzung eines Willensvollstreckers vermeiden, da dieser den Nachlass vertritt und anstelle der Erben allein handeln kann. Mit einem Testament kann der Unternehmer oder die Unternehmerin dem designierten Nachfolger die Aktien im Nachlass mittels einer Teilungsvorschrift zuweisen. Wenn das Unternehmen jedoch ein wesentlicher Teil des Vermögens ausmacht, ist eine Zuweisung aller Aktien aufgrund der Pflichtteilsansprüche der Geschwister und des überlebenden Ehegatten unter Umständen nicht möglich. Hinzu kommt ein allfälliger Anspruch der überlebenden Ehefrau oder des überlebenden Ehemanns aus dem ehelichen Güterrecht, wenn das Unternehmen massgeblich während der Ehe aufgebaut wurde und damit zur Errungenschaft gehört. Eine Zuweisung der Aktienmehrheit an den Nachfolger oder die Nachfolgerin und eines Minderheitsaktienpakets an die übrigen Erben ist ohne Einbezug aller Beteiligten nicht empfehlenswert. Es ist rechtlich umstritten, ob sich die pflichtteilsberechtigten Erben gegen ihren Willen mit einem Minderheitsaktienpaket zufrieden geben müssen, da eine Minderheitsbeteiligung häufig kaum oder nicht „verwertbar“ bzw. an Dritte veräusserbar ist.
Frühzeitige Übertragung
Bei einer familieninternen Nachfolge werden daher von Vorteil frühzeitig klare Verhältnisse geschaffen. Idealerweise wird die Nachfolge bereits zu Lebzeiten mit einer (allenfalls schrittweisen) Übertragung der Anteile an die nachfolgende Generation vollzogen. Werden die Aktien ganz oder teilweise unentgeltlich (z.B. durch einen Verkauf unter dem Verkehrswert) übertragen, hat die Nachfolgerin oder der Nachfolger im späteren Nachlass der Unternehmerin die Differenz zum Unternehmenswert im Zeitpunkt des Todes gegenüber den übrigen Erben auszugleichen. Nicht selten entsteht im Rahmen einer Erbteilung Streit über die Bewertung des Unternehmens, insbesondere wenn zwischen Übertragung der Unternehmung und dem Tod der Mutter oder des Vaters viel Zeit verstrichen ist, in der die übernehmende Generation das Unternehmen erfolgreich weiterentwickelt hat. Um beim späteren Versterben der übergebenden Generation Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist es daher in jedem Fall ratsam, alle Familienmitglieder in den Nachfolgeprozess einzubeziehen. In einem notariell beurkundeten und von allen künftigen Erben unterzeichneten Erbvertrag kann z.B. das Verfahren einer Unternehmensbewertung, ein Gewinnanteilsrecht oder ein Ausgleichungsanspruch nach dem Tod des Unternehmers bereits einvernehmlich festgelegt werden.
Finanzierung der Nachfolge
In vielen KMU stellt das Unternehmen ein wesentlicher Teil des Vermögens der Unternehmerin und des Unternehmers dar, so dass ein späterer Ausgleich der weiteren Erben nicht möglich ist oder die übergebende Generation nicht genügend Mittel hat, um eine angemessene Altersvorsorge zu gewährleisten, ohne dass sie aus dem Verkauf ihrer Unternehmung einen Erlös erhält. Eine vollständige oder teilweise unentgeltliche Übertragung der Unternehmung ist in diesem Fällen nicht möglich oder nicht gewollt. Kauft die familieninterne Nachfolgerin die Unternehmung zu einem Marktpreis und wird dieser Kaufpreis auf Basis einer neutralen Unternehmensbewertung festgesetzt, stellt sich erbrechtlich kaum die Frage nach einer Pflichtteilsverletzung oder einer Ungleichbehandlung der künftigen Erben. Hingegen birgt die Variante „familieninterner Verkauf“ häufig Finanzierungsprobleme, wenn die Nachfolgerin oder der Nachfolger nicht in der Lage ist, den Kaufpreis aus eigenen Mitteln oder über eine Bankfinanzierung aufzubringen. Dann ist die Restfinanzierung mittels eines zu amortisierenden Verkäuferdarlehens des Unternehmers an seinen Nachfolger eine Option. Insbesondere steuerlich attraktiv kann bei dieser Variante eine Erbenholding sein. Die Nachfolgerin oder der Nachfolger kauft das Unternehmen nicht direkt, sondern gründet eine Gesellschaft (Erbenholding), welche das Unternehmen erwirbt und vom verkaufenden Unternehmer ein Darlehen erhält. Diese Darlehen kann die Erbenholding in den kommenden Jahren mit den Dividenden, die sie von der operativen Unternehmung erhält, zurückzahlen.
Ausblick: Erbrechtsrevision
Mit der aktuell laufenden Revision des Erbrechts soll künftig die familieninterne Unternehmensnachfolge erleichtert werden. Der Vorentwurf des Bundesrates enthält dazu verschiedene Massnahmen. Der Nachfolger, der ein Unternehmen ganz oder teilweise unentgeltlich zu Lebzeiten des Erblassers übernommen hat, soll gemäss Vorentwurf von den Miterben einen Zahlungsaufschub von bis zu fünf Jahren verlangen können, wenn die Ausgleichszahlung ihn in finanzielle Schwierigkeiten bringt. Für die Berechnung des Anrechnungswertes der Unternehmung im Nachlass soll zudem künftig bei betriebsnotwendigem Vermögen der Wert zum Zeitpunkt der Übernahme und nicht des Erbgangs berücksichtigt werden. Bei nicht betriebsnotwendigen Vermögenwerten gilt weiterhin der Wert zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin/des Erblassers. Wurde eine Unternehmung nicht bereits zu Lebzeiten übertragen, kann schliesslich gemäss Vorentwurf eine Erbin oder ein Erbe die integrale Zuweisung des Unternehmens verlangen. Damit soll eine Liquidation oder Zerschlagung einer funktionierenden Unternehmung verhindert werden, falls sich die Erben nicht einigen können.
Zur Autorin: Salome Krummenacher ist Rechtsanwältin, Notarin, Executive MBA HSG und Partnerin der Tschümperlin Lötscher Schwarz AG