COVID-19: Die Schweiz befindet sich in «ausserordentlicher Lage»
Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen hat der Bundesrat den Notstand verordnet. Die Massnahmen haben schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft, doch der Schutz der Bevölkerung hat höchste Priorität.
Die Einstufung der Situation unseres Landes bezüglich Verbreitung des Coronavirus als «besondere Lage» war von kurzer Dauer. Seit gestern, dem 16. März 2020, befindet sich die Schweiz gar in einer «ausserordentlichen Lage». Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und Engpässe im Gesundheitssystem zu vermeiden, braucht es gemeinsames Handeln der gesamten Bevölkerung. Ein Überblick der aktuellen Situation und nützliche Informationen für Arbeitgeber und Berufstätige.
Ausserordentliche Lage
Für die Verordnung als «ausserordentliche Lage» stützt sich der Bundesrat auf das Epidemiengesetz, welches drei Stufen kennt: die normale Lage, die besondere Lage und die ausserordentliche Lage. Mit der dritten Stufe kann der Bundesrat Verordnungen ohne die Zustimmung von Parlament und Kantonen erlassen. Sie gilt seit heute und entsprechende Massnahmen wurden an der gestrigen Pressekonferenz des Bundesrates kommuniziert. Laut Gesundheitsminister Alain Berset wird sich die Lage vorerst noch weiter verschlechtern, bevor Besserung eintritt. Sämtliche Verordnungen sind notwendig um eine Überlastung der Gesundheitseinrichtungen zu verhindern.
Sofortige Massnahmen des Bundes
Bestehende Verordnungen wie beispielsweise das Veranstaltungsverbot werden verschärft, weitere Massnahmen kommen hinzu und gelten vorerst bis zum 19. April 2020.
- Einschränkungen der Einreise gelten den Risikoländern (zum jetzigen Zeitpunkt sind dies Italien, Deutschland, Frankreich und Österreich). Somit werden seit Mitternacht die Landesgrenzen zu den vier grossen Nachbarländern wieder kontrolliert. Einreisen dürfen lediglich Schweizerinnen und Schweizer, Personen mit einer gültigen Aufenthaltsbewilligung und Personen die aus beruflichen Gründen in die Schweiz reisen. Auch bleiben sowohl der Transit- als auch der Warenverkehr weiterhin erlaubt.
- Weiter bleibt der Präsenzunterricht an allen Bildungseinrichtungen verboten. Die Betreuung der Kinder, welche nicht privat betreut werden können – wobei besonders gefährdete Personen nicht beansprucht werden dürfen - muss von den Kantonen organisiert werden.
- Öffentliche und private Veranstaltungen sind verboten: Dazu gehören auch Sportveranstaltungen, Vereinsaktivitäten und alle öffentlich zugänglichen Einrichtungen: Restaurations- und Barbetriebe, Unterhaltungs- und Freizeitanlagen, Einkaufsläden und Märkte bleiben somit ab heute geschlossen und Gewerbe mit personenbezogenen Dienstleistungen mit Körperkontakt, wie beispielsweise Coiffeursalons, werden eingestellt.
Der folgende Link führt zu einer detaillierteren Auflistung der betroffenen Einrichtungen und Aktivitäten: Massnahmen des Bundes
Alternative gibt es keine, sonst kann medizinische Nachfrage nicht bewältigt werden
Sämtliche Verordnungen des Bundesrates verfolgen das Ziel, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und somit die gesamte Bevölkerung zu schützen. «Wir brauchen genug Platz in den Spitälern, um Schwerkranke zu pflegen», sagt Bundespräsidentin Sommaruga. Ansonsten könne auch die Behandlung vom krebskranken Kind und vom verunfallten Töfffahrer aufgrund mangelnder medizinischer Infrastruktur nicht mehr gewährleistet werden.
Zudem musste der Bundesrat feststellen, «dass die Massnahmen nicht einheitlich umgesetzt und nicht genügend eingehalten werden», so Gesundheitsminister Alain Berset. Er ruft die Bevölkerung dazu auf, sich an die Regeln zu halten und weitestgehend den Kontakt mit anderen Personen zu vermeiden.
Auch die Armee wird mobilisiert
Der Bundesrat erwartet während den nächsten Wochen einen verstärkten Bedarf an zivilen Behörden und Unterstützung durch die Armee. Dazu wird die Obergrenze für den Assistenzdienst von 800 auf 8000 Armeeangehörige erhöht. Dies sei laut Verteidigungsministerin Viola Amherd die «grösste Mobilmachung seit dem Zweiten Weltkrieg». Auch wenn die zivilen Strukturen derzeit noch gut funktionieren, müsse vorsorglich alles in Bewegung gesetzt werden, damit sich die Situation nicht verschlechtert.
Keine Panik: Die Versorgung in der Schweiz ist sicher gestellt
Die Massnahmen für das Sozialleben sind einschneidend. Sie sind jedoch notwendig, um gefährdete Menschen zu schützen. Alain Berset betont: «Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten ist sicher gestellt». Es gibt keinen Grund, sich vor Lebensmittelknappheit zu fürchten. Zudem sei die Anschaffung von Notvorräten keineswegs nötig.
Gefährdete Personen sollen zu Hause bleiben
Weiterreichende Empfehlungen gibt es für die Risikogruppe. Dazu gehören alle über 65-Jährigen und Personen, welche eine der folgenden Erkrankungen aufweisen: Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Chronische Atemwegserkrankungen, Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen, Krebs. Sie sollen zu Hause bleiben und Menschenansammlungen so gut wie möglich vermeiden.
Nebst der Gesundheit leidet auch die Wirtschaft
Das Virus führt zum Börsencrash und milliardenschwere Finanzhilfen sind nötig um die Unternehmen zu stützen. Die Massnahmen haben für Unternehmerinnen und Unternehmer fatale Folgen und viele sind in ihrer Existenz bedroht. Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) hat sich mit Bundesrat Parmelin an einem Runden Tisch getroffen und die Belastung der Wirtschaft aufgrund des Coronavirus eruiert. Nebst den 10 Milliarden Franken, welche die Landesregierung der Wirtschaft für Kurzarbeitsentschädigung und wirtschaftliche Soforthilfe zur Verfügung stellen will, werden auch weitere nötige Massnahmen und Mittel diskutiert. Ab sofort stehen den KMU mit finanziellen Engpässen 580 Millionen an verbürgten Bankkrediten zur Verfügung und die Bedingungen für Bürgschaften werden erleichtert. Detailliertere Informationen sind auf der Seite der SECO zu finden.
Erläuterungen zu Schutzmassnahmen, Lohnfortzahlungen und weiteren Fragen finden sich auch in der Neutrass News vom 3. März 2020.
Besondere Bestimmungen für die Risikogruppe
Jedoch gilt auch auf wirtschaftlicher Ebene: die Gesundheit der Bevölkerung hat höchste Priorität. Nebst den allgemein gültigen Verhaltens- und Hygieneregeln gibt es weiterreichende betriebliche Schutzmassnahmen für besonders Gefährdete. Sie sollen im Betrieb Abstand halten können. Wenn dies nicht möglich ist, sollen Arbeitgeber eine Beurlaubung in Erwägung ziehen.
Als Arbeitgeber die richtigen Massnahmen treffen
Um die Arztpraxen und Notfallaufnahmen nicht zusätzlich zu belasten, sollen Arbeitgeber in dieser Ausnahmesituation erst ab dem fünften Tag ein Arztzeugnis einfordern. Zudem müssen Arbeitgebende ihre betrieblichen und persönlichen Schutzmassnahmen jeweils an die aktuellen BAG-Empfehlungen anpassen und ihre Mitarbeitenden laufend darüber informieren. Mitarbeitende sollen aufgefordert werten, die öffentlichen Verkehrsmittel zu den Stosszeiten vorläufig zu vermeiden. Wenn möglich, sollen Arbeitszeiten flexibel gestaltet werden oder Mitarbeiter sollen im Homeoffice ihrer Arbeit nachgehen. Das Betriebskontinuitätsmanagement (Business Continuity Management) soll jetzt aktiviert werden. Eine Grundlage dafür bieten das Handbuch für die betriebliche Vorbereitung und die FAQ des SECO.